Hin und wieder blättere ich einem kleinen Büchlein, dem Dao De Jing, einem Werk des chinesischen Philosophen Lǎo Zǐ (6. Jahrhundert v. Chr.). Fast immer finde ich ein Kapitel, dass sich nach meinem Verständnis ins Jetzt übertragen lässt. So lese ich in der elften Eröffnung zum Sein des Nichts:
Dreißig Speichen treffen die Nabe,
die Leere dazwischen macht das Rad.
Lehm formt der Töpfer zu Gefäßen,
die Leere darinnen macht das Gefäß.
Fenster und Türen bricht man in Mauern,
die Leere da mitten macht die Behausung.
Das Sichtbare bildet die Form eines Werkes,
das Nicht-Sichtbare macht seinen Wert aus.

Auch Joachim Ringelnatz, ein deutscher Schriftsteller und Kabarettist hat in seinem Gedicht „Ich hab Dich so lieb“ mit Recht folgendes bemerkt: „Die Löcher sind die Hauptsache an einem Sieb.

Und jeder Musiker weiß, dass aus Pausen, also dem musikalisch Nichtvernehmbaren, Spannung erwächst, die aufgelöstes Entspannen ermöglicht, wenn man sie beendet.


Es lohnt sich, bei dem täglichen Gewusel, dem Erfüllen von eigenen und anderen Ansprüchen und ihrer Ergebnisorientierung darüber nachzudenken, wer oder was wie (oberflächlich gesehen) als scheinbares Nichts wirkt. Und wie das ja nur scheinbare Nichts wohlmöglich doch zum Gelingen beiträgt. Und wie ein schnell dahin gesagtes „Das ist doch nichts“ oder „Der oder die ist doch nichts“ doch etwas ist.